Da bist du verheiratet und weißt nichts davon!

Seit dem 1.10.2017 ist in Deutschland die „Ehe für alle“ in Kraft getreten, was bedeutet, dass gleichgeschlechtliche Paare nun ebenso heiraten können wie Heteropaare. Genauer gesagt ist sogar eine neue Verpartnerung jetzt gar nicht mehr möglich. Diejenigen, die bereits verpartnert sind, lassen häufig ihren Familienstand ändern. Viele Menschen und auch liebe Bloggerkolleginnen haben das bereits getan (z.b. mamamamakind, Hummelchensblog oder Unsere Regenbogenfamilie). Daher wußten wir, dass offenbar durchaus ein zweites Mal vorm Standesamt zeremoniell „ja“ gesagt werden muss, wobei die Handhabung da wohl bundeslandabhängig auch unterschiedlich sein kann.

Wer unseren Blog kennt, weiß ja dass bei uns der Fall ein wenig anders gelagert ist. Wir haben im Ausland 2015 rechtmäßig geheiratet. Für alle Länder, in denen die gleichgeschlechtliche Ehe möglich ist, gelten wir somit als Ehepaar. In Deutschland konnten wir uns das jedoch 2016 nur als Lebenspartnerschaft eintragen lassen.

Um in Erfahrung zu bringen, wie das nun für uns funktioniert mit der Umtragung, habe ich Spätherbst 2017 Kontakt zu unserem Standesamt aufgenommen. Die hierfür zuständig Dame war angesichts unseres „Falles“ ganz positiv erregt, da sie neulich eine Weiterbildung zu dem Thema gemacht hatte und nun förmlich darauf brannte, ihr erworbenes Wissen anwenden zu können. Sie bat mich darum, Fotos unserer Unterlagen (also Original Heiratsurkunde, Übersetzung und Lebenspartnerschagftsurkunde) zuzumailen. Das wiederum hat nun doch ein wenig gedauert, zum einen weil wir ja doch andere Prioritäten hatten, zum anderen weil ich in unserem Umzugschaos erst mal besagte Unterlagen wieder auftreiben musste.

Nun hab ich es aber doch mal endlich geschafft, die Dame mit den gewünschten Fotos zu beglücken, und bekam noch am selben Tag Antwort. Sie schickte mir die Hinweise des Bundesinnenministeriums:

Vor dem 1. Oktober 2017 im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe, die nach § 35 PStG in einem inländischen Lebenspartnerschaftsregister nachbeurkundet worden ist:

Die gleichgeschlechtliche Ehe ist im Ausland zu einem Zeitpunkt geschlossen worden, zu dem sie im Inland als Lebenspartnerschaft qualifiziert wurde. Insbesondere im Hinblick auf den Wegfall der Kappungsgrenze nach Artikel 17b Absatz 4 EGBGB-alt ergibt sich aus dem Gesetz und dessen Begründung die „Rückwirkung“ der im Ausland geschlossenen Ehe. Die im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe entfaltet daher vom Zeitpunkt der Eheschließung an ihre vollen Wirkungen im Inland. Hierbei wird auch hingenommen, dass mit der „Rückwirkung“ gleichgeschlechtliche Ehen entstehen, die vor Inkrafttreten des LPartG (1. August 2001) geschlossen worden sind. Die Ehe kann auf Antrag nach § 34 Absatz 1 Satz 4 PStG im Eheregister nachbeurkundet werden.  

Soweit die Ehegatten bei Wohnsitz im Inland auf Grund ihrer im Ausland geschlossenen Ehe im Melderegister oder auch bei anderen Stellen (z.B. Finanzamt, Krankenkasse) als „Lebenspartner“ geführt wurden, macht die rückwirkende Geltung der im Ausland geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehe diese Eintragungen unrichtig; eine Korrektur müsste von den (nunmehr) Ehegatten selbst herbeigeführt werden.

Bäm. Das heißt, wir sind bereits „deutsch verheiratet“, seit Schlag Mitternacht des 1.10.17, ohne es gewußt zu haben. Keine Blumen, kein Reis, keine Party. Es sei denn, man macht aus dem Anrufen seiner Krankenkasse und des Finanzamtes ein festliches Event. Yay!

Das Gefühl, das das hinterläßt läßt sich kaum besser als in diesen Gifs ausdrücken.

Ach so und eine deutsche Eheurkunde bekommen wir – wenn wir sie beantragen.

Na ja, was solls. Wir hatten eine wunderschöne Hochzeit am Strand und das wird eben unsere einzige bleiben.

 

 

 

9 Gedanken zu “Da bist du verheiratet und weißt nichts davon!

  1. Oha! Einerseits ist es ja ganz schön, dass in D auch mal was unkompliziert geht – aber die Enttäuschung kann ich schon verstehen. Ihr könntet euer Eheversprechen noch mal erneuern in einer freien Zeremonie. Ist ja vielleicht jetzt mit dem Familienzuwachs noch mal extra schön :-).

    Was ich mich allerdings frage ist, ob das für Euch irgendwelche Vorteile bei der Stiefkindadoption hat? Immerhin wurde Euer Kind ja nun in einer stinknormalen Ehe geboren. Oder macht es keinen Unterschied, weil die entsprechenden Gesetze noch nicht umformuliert wurden?

    Gefällt 1 Person

      • Da wir ja nun rückwirkend bis zum Zeitpunkt unserer Eheschließung als verheiratet gelten, ist das Kind so gesehen schon in eine Ehe geboren worden. Nur leider geht es hier um das Abstammungsrecht, welches nicht entsprechend zur Ehe für alle angepasst wurde. Es gab einen Arbeitskreis zum Thema Anpassung des Abstammungsrechts, der in seinem ausführlichen Abschlussbericht u.a. empfiehlt:
        „Die zweite Elternstelle kann auch durch eine weitere Frau als Mit-Mutter besetzt werden, wie dies in einigen europäischen Nachbarstaaten bereits der Fall ist. Dabei sollen die Regelungen über die Primärzuordnung diskriminierungsfrei auch für lesbische Paare gelten. Aus Sicht des Arbeitskreises gibt es keine Gründe, im Fall der ärztlich assistierten Fortpflanzung heterosexuelle Paare und lesbische Paare unterschiedlich zu behandeln, denn in beiden Fällen handelt es sich nicht um den genetischen Elternteil, sondern um den intendierten Elternteil, der durch die Einwilligung in die ärztlich assistierte Fortpflanzung einen wesentlichen Beitrag zur Zeugung des Kindes geleistet und seinen Willen zur Übernahme der Elternverantwortung zum Ausdruck gebracht hat.“ (S. 70)
        Hört sich soweit gut an, allerdings ist noch offen ob und wieweit die Empfehlungen des Arbeitskreises sich tatsächlich in Gesetzen niederschlagen werden. Noch ist die Stiefkindadoption leider der einzige Weg.
        Hier der Link zum Bericht: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Artikel/07042017_AK_Abstimmung_Abschlussbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=4

        Gefällt 1 Person

  2. Ich finde, am besten würde es den Lebenspartner*innen freigestellt werden, ob die Umwandlung mit Zeremonie oder ohne stattfinden soll… Wir hätten das beispielsweise nicht unbedingt gebraucht und wären mit einem formlosen Antrag oder so zufrieden gewesen, da wir unsere große Party schon bei der Verpartnerung hatten. Andere haben die Verpartnerung nicht gefeiert, weil sie auf die „richtige Ehe“ warten wollten. Wahlfreiheit wäre da wohl nicht so schwer umzusetzen gewesen… Ich hoffe ihr könnt euch trotzdem daran freuen!

    (Unter diesem Beitrag bei „mehr auf WordPress“ wurde mir gerade ein Beitrag der „Demo für alle“ vorgeschlagen 🤮 , was mich etwas an dem Algorithmus zweifeln lässt… 🤔)

    Gefällt 1 Person

  3. Hi,
    ich hatte es so verstanden, dass man die Wahlfreiheit hat, wie man die „Umwandlung“ gestallten will.

    Da wir seinerzeit das „Vergnügen“ hatten auf dem schicken Landratsamt im 70er Jahre Original-Look (links gegenüber der KFZ-Zulassungsstelle 😉 unsere Unterschriften leisten zu müssen, wollen wir es dieses Mal anders. Allerdings wird der standesamtliche Teil nun doch wieder „ausgelagert“. Zu gerne hätten wir Fest und Formalität verknüpft, aber die arbeiten weder Freitagnachmittag, noch samstags. Ok, schon an manchen Samstagen, aber die Nachfrage ist so groß, dass man da nicht zum Zuge kommt, denn dann müsste man ja auch noch eine Lokalität haben, aber die sind bis in weite Zukunft ausgebucht, das lässt sich nicht verbindlich vorplanen, dazu sind dann diese zuständigen Beamten wiederrum zu unflexibel.

    Nach der „herzlichen“ beamtlichen kompromißfreien Zurechtweisung haben wir dann beschlossen, dass die keinen Sekt mit uns trinken dürfen! Wir leisten unsere Unterschrift bei einem hübschen Standesamt unserer Wahl, zusammen mit unseren Kindern, gehen hübsch essen und feiern dann ohne Standesbeamten am Wochenende ein tolles Fest.
    Die Beamten empfinden hier nicht die tiefe bürgerrechtliche Bedeutung das dies für uns (und vermutlich auch für andere) hat.

    Freundinnen werden für uns eine private Zeremonie vorbereiten. Wir sind am freien Erfinden einer solchen … denn irgendwie ist es ja doch nicht mehr unsere „Grüne Hochzeit“.

    So denn, herzliche Glückwünsche zu Eurer unbemerkten Hochzeit in Deutschland 😉
    Unbemerkt wurde Eure Sohn auch noch ein „ehelicher“ 🙂

    LG

    Gefällt 1 Person

  4. Hach, mir wäre so eine unkomplizierte „Umschreibung“ in eine Ehe eigentlich ganz recht… zumal es bei unserem Standesamt vor Ort faktisch komplizierter ist, die Lebenspartnerschaft nun in eine Ehe umzuwandeln, als es war die Lebenspartnerschaft zu schließen (oder eine stinknormale Eheschließung ohne vorige Lebenspartnerschaft). Wir brauchen nämlich tatsächlich ein zusätzliches behördliches Dokument:AKTUELLE Meldebescheinigung – und das, wo man nur mit gefühlt 3 Monaten Wartezeit einen Termin beim Bürgeramt bekommt und ohne Termin hinzugehen eine Zumutung für jeden arbeitenden Menschen oder Mensch mit Kleinkind ist….
    Wir hatten daher für die Umwandlung schlicht keine Zeit. Mal sehen, ob es in diesem Jahr vielleicht was zu unserem 5jährigen Hochzeitstag etwas wird. Das wäre wenigstens ein schönes Datum 😀

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar